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Basiswissen Kündigung: Arbeitsrechts-Basics für Arbeitgeber

1. Jun. 2023
8 MIN

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Kündigungen lassen sich nicht immer vermeiden. Für den Arbeitgeber werden sie leicht zum Stolperstein. Deshalb ist es wichtig, die arbeitsrechtlichen Anforderungen an eine Kündigung zu kennen.

Das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beenden: kein Selbstläufer

Eine wirksame Kündigung beendet den Arbeitsvertrag. Für Arbeitgeber ist das Kündigen allerdings nicht ohne Tücken:

  • Das Arbeitsrecht knüpft viele Voraussetzungen an eine wirksame Kündigung. Sie kann unter anderem an formalen Fehlern, den Fristen, der Begründung, den sozialen Gesichtspunkten, einem Sonderkündigungsschutz des betreffenden Mitarbeiters, der fehlenden Beteiligung des Betriebsrats oder auch daran scheitern, dass eine Abmahnung angemessen gewesen wäre.
  • Arbeitnehmer können gegen ihre Kündigung vor dem Arbeitsgericht klagen. In der ersten Instanz benötigen sie dafür nicht einmal einen Rechtsanwalt. Der Arbeitgeber bleibt selbst dann auf seinen Anwalts- und Gerichtskosten sitzen, wenn er den Prozess gewinnt.
  • Kassiert das Arbeitsgericht die Kündigung, wird es für den Arbeitgeber teuer. Er muss den Lohn nachzahlen, obwohl der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat. Will er sich trotz des Urteils weiterhin von ihm trennen, bleibt in der Regel nur der Weg über eine hohe Abfindung.

Die ordentliche und die außerordentliche („fristlose“) Kündigung

Im Arbeitsvertragsrecht existieren grundsätzlich zwei unterschiedliche Kündigungsformen:

  • Die ordentliche Kündigung ist die reguläre Art der Trennung. Sie kann nur mit der Kündigungsfrist erfolgen, die für das jeweilige Arbeitsverhältnis gilt.
  • Die außerordentliche Kündigung ist eine Art Notbremse. Die gesetzliche Grundlage ist § 626 BGB zur „fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund“.
    • Voraussetzung ist ein triftiger Grund, so dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, nicht einmal während der regulären Kündigungsfrist.
    • In vielen, aber nicht allen Fällen kann die außerordentliche Kündigung ohne Kündigungsfrist erfolgen, als fristlose Kündigung.
    • Der Arbeitgeber hat für die außerordentliche Kündigung ab Kenntnis der Gründe nur zwei Wochen

Außerordentliche/fristlose Kündigung: Vorsicht vor Schnellschüssen

  • Betriebsbedingte und personenbedingte Gründe rechtfertigen nur sehr selten eine außerordentliche Kündigung. Die meisten außerordentlichen Kündigungen erfolgen verhaltensbedingt, zum Beispiel nach Gewalttätigkeiten, Drohungen, Beleidigungen, vorsätzlichen Beschädigungen, Sabotage, Diebstählen oder Betrugsversuchen. Auch die Schädigung des Arbeitgebers kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, etwa durch Verleumdungen, Preisgabe wichtiger Betriebsinterna oder bei Tätigkeit für Wettbewerber.
  • Ob Fehlverhalten für eine außerordentliche Kündigung ausreicht, hängt vom Einzelfall ab. Gab es bereits Vorkommnisse? Wurde das Fehlverhalten schon einmal abgemahnt? Droht Wiederholungsgefahr? Wäre vielleicht auch eine Abmahnung angemessen, als milderes Mittel? Dabei berücksichtigen Arbeitsgerichte auch die Person des Mitarbeiters. Wie lange war er ohne Beanstandung für den Betrieb tätig?
  • An außerordentliche Kündigungen legen Arbeitsgerichte einen strengen Maßstab an. Viele von ihnen erweisen sich als unwirksam, zum Beispiel weil das Arbeitsgericht eine Abmahnung für angemessen hält oder weil eine Formvorschrift nicht eingehalten wurde. Häufig wird deshalb zur Sicherheit sowohl außerordentlich als auch ordentlich gekündigt.
  • In vielen Fällen wird vor Gericht der Beweis des vorsätzlichen Fehlverhaltens zum Problem. Wollte der Mitarbeiter das Werkzeug stehlen oder nur unbefugt ausleihen? Wurde der Geldbetrag aus Versehen oder absichtlich nicht gebucht? Die Beweislast liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber.
  • Allerdings kann bereits ein schwerer Verdacht die außerordentliche Kündigung rechtfertigen, selbst wenn er nicht komplett beweisbar ist. Für eine solche Verdachtskündigung gelten besonders strenge Vorgaben. So muss der Mitarbeiter Gelegenheit zu einer ausführlichen Stellungnahme bekommen.

Allgemeines zu Kündigungen

  • Eine Kündigung muss in Schriftform erfolgen und eigenhändig unterschrieben sein. Eine per E-Mail, WhatsApp oder mündlich ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
  • Kündigen und die Kündigung unterzeichnen darf nur, wer den Arbeitgeber vertreten kann, zum Beispiel Geschäftsführer, Vorstände, Prokuristen oder Personalverantwortliche.
  • Existiert ein Betriebsrat, muss er zu einer Kündigung angehört werden. Ein Vetorecht haben die Arbeitnehmervertreter jedoch nicht.
  • Im Zweifelsfall müssen Arbeitgeber glaubhaft machen, dass die Kündigung zugegangen ist. Deshalb ist es üblich, sich den Erhalt quittieren zu lassen.
  • Außer bei fristlosen, außerordentlichen Kündigungen muss die Kündigung stets mit der korrekten Kündigungsfrist ausgesprochen werden. Diese kann im Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag geregelt sein, andernfalls gelten die gesetzlichen Vorgaben (§ 622 BGB). Die gesetzlichen Kündigungsfristen reichen von zwei Wochen während der Probezeit bis zu sieben Monaten nach einer Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren.
  • Bestimmte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genießen Sonderkündigungsschutz: Schwangere, Mütter im Mutterschutz, Mitarbeiter mit Schwerbehinderung, Mitglieder des Betriebsrats und Auszubildende. Auch Arbeitnehmer in Pflege- und Elternzeit dürfen nicht gekündigt werden. Bei Sonderkündigungsschutz ist zumindest eine ordentliche Kündigung gar nicht oder nur mit einer Einwilligung einer Behörde möglich, etwa des Integrationsamts oder der Landesbehörde für Arbeitsschutz.
  • Dass Arbeitgeber bei einer Kündigung grundsätzlich eine Abfindung zahlen müssen, ist ein Mythos, der sich hartnäckig hält. Das Kündigungsschutzgesetz sieht zwar die Möglichkeit vor, eine betriebsbedingte Kündigung mit dem Angebot einer bestimmten Abfindung zu verbinden (§ 1a KSchG), wenn der Mitarbeiter im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet. Das ist aber keine Pflicht.
  • Abfindungen sind in der Regel Teil von Aufhebungsverträgen. Eine solche Vereinbarung beendet als Alternative zur Kündigung den Arbeitsvertrag ebenfalls. Durch seine Unterschrift verzichtet der Arbeitnehmer automatisch auf die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage. Im Gegenzug erhält er in der Regel eine Abfindung in frei verhandelbarer Höhe.
  • Eine besondere Kündigungsform ist die Änderungskündigung (§ 2 KSchG). Dabei verbindet der Arbeitgeber die Kündigung mit dem Angebot, das Beschäftigungsverhältnis zu veränderten Bedingungen weiterzuführen, beispielsweise mit Schichtarbeit.

Kündigungsschutzgesetz: Ab 10 Mitarbeitern sind nur bestimmte Kündigungsgründe zulässig

  • In Betrieben, die in der Regel mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigen, gilt das Kündigungsschutzgesetz. Es stellt eine besondere Anforderung: Arbeitnehmern kann nach einer Probezeit von maximal sechs Monaten nur noch mit einem zulässigen Kündigungsgrund gekündigt werden.
  • Zulässig sind dann nur noch betriebsbedingte, personenbedingte und verhaltensbedingte Kündigungen, vorausgesetzt, sie sind sozial gerechtfertigt (§ 1 KSchG). Dazu, was das konkret bedeutet, sagt das Gesetz wenig. Die Arbeitsgerichte haben jedoch in Tausenden von Verfahren Beurteilungsmaßstäbe dafür entwickelt.
  • In Kleinbetrieben mit weniger Mitarbeitern kann ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.
  • Ob der Kündigungsgrund gerechtfertigt ist, entscheiden Arbeitsgerichte in einer Einzelfallbetrachtung. Dabei spielen stets auch Gesichtspunkte wie die Betriebszugehörigkeit, die Vorgeschichte und die soziale Situation des betreffenden Mitarbeiters eine Rolle.
  • Eine betriebsbedingte Kündigung darf nicht nur im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitsplatz entfällt, etwa weil die Abteilung geschlossen wird. Selbst dann kann die Kündigung scheitern, weil der Mitarbeiter in einer anderer Abteilung einsetzbar wäre. Außerdem muss in der Regel eine Sozialauswahl getroffen werden: wer jünger ist und keine Kinder oder Unterhaltsberechtigten hat, muss zuerst die Kündigung erhalten.
  • Eine personenbedingte Kündigung ist beispielsweise dann möglich, wenn ein Fahrer dauerhaft den LKW-Führerschein verliert, den er für seine Arbeit benötigt. Auch dann wird das Arbeitsgericht fragen, ob eine alternative Einsatzmöglichkeit besteht.
  • Auch gesundheitsbedingte Kündigungen sind personenbedingt. Sie gestalten sich häufig besonders schwierig.
  • Verhaltensbedingte Kündigungen erfolgen oft als außerordentliche Kündigung. Das muss aber nicht so sein. Sie sind nur zulässig, wenn als adäquate Sanktion kein milderes Mittel zur Verfügung steht. In vielen Fällen muss der Arbeitgeber Fehlverhalten erst abmahnen, bevor er im Wiederholungsfall wirksam kündigen kann.
  • Erscheint ein alkoholkranker Mitarbeiter mehrfach betrunken zur Schicht, ist keine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Da Sucht eine Krankheit ist, kommt höchstens eine personenbedingte Kündigung in Frage. Auch die setzt voraus, dass eine Suchttherapie keine Perspektive bietet.
  • Bestimmte Tarifverträge sehen vor, dass Mitarbeiter nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit unkündbar werden. Dann ist eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung ausgeschlossen.

Der Kündigungsschutzprozess

  • Arbeitnehmer können in einem Kündigungsschutzprozess überprüfen lassen, ob ihre Kündigung sozial gerechtfertigt war. Das ist aus ihrer Sicht vor allem dann sinnvoll, wenn im Betrieb das Kündigungsschutzgesetz gilt. In diesem Fall wird das Arbeitsgericht den Kündigungsgrund überprüfen.
  • Ab Zugang der Kündigung hat der Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, Kündigungsschutzklage einzureichen (§ 4 KSchG). Versäumt er diese Frist, wird die Kündigung trotz möglicher Fehler und unzulässiger Begründung wirksam.
  • In der ersten Instanz vor Arbeitsgerichten gilt kein Anwaltszwang, auch wenn die anwaltliche Vertretung ratsam ist. Außerdem zahlt jede Seite unabhängig vom Ausgang des Verfahrens ihre Prozesskosten selbst. Das erleichtert Klagen von Arbeitnehmerseite.
  • Kommt das Gericht zur Einschätzung, dass die Kündigung unzulässig war, dann hat das Arbeitsverhältnis formal nie aufgehört zu bestehen. Der Mitarbeiter hat deshalb Anspruch auf den entgangenen Lohn. Auch die Sozialversicherungsbeiträge müssen nachentrichtet werden.

Fazit: Arbeitgeber sollten Kündigungen nicht unterschätzen

Die Kündigung eines Mitarbeiters hat zwei Seiten: eine arbeitsrechtliche und eine psychologische. Viele Arbeitnehmer verzichten auf Rechtsmittel, selbst wenn sie gute Aussichten auf eine erfolgreiche Gegenwehr hätten. Darauf kann man sich als Arbeitgeber allerdings nicht verlassen. Vor allem in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern sollte man das Szenario eines Kündigungsschutzprozesses im Auge behalten. Es kann teure Folgen haben.

 

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