Unternehmer-News-Blog

Die Künstlersozialabgabe steigt – aber nicht alle müssen sie zahlen

1. Sep. 2022
6 MIN
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  • Längst nicht alle Selbstständigen und Unternehmen haben die Künstlersozialabgabe im Blick. Sie wird auf geschäftliche Aufträge an selbstständige Designer, Texterinnen, Fotografen, Unterhaltungskünstlerinnen oder andere Kreative fällig.
  • Im nächsten Jahr steigt der Satz voraussichtlich auf fünf Prozent des Honorars.
  • Die gute Nachricht: Ein Gerichtsurteil nimmt viele Auftraggeber, die nur einen solchen Auftrag im Jahr vergeben, von der Abgabe aus.

Die Künstlersozialabgabe steigt 2023 auf 5 Prozent

Seit dem Jahr 2018 betrug die Künstlersozialabgabe 4,3 Prozent. Für das Jahr 2023 wird der Satz nun wohl auf fünf Prozent der Netto-Auftragssumme erhöht. Dies sieht ein Verordnungsentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums vor.

Selbstständige und Unternehmen müssen die Abgabe auf Honorare an selbstständige „Künstler und Publizisten“ bezahlen. Empfänger ist die Künstlersozialkasse (KSK). Sie ist für die Sozialversicherung von Selbstständigen in Kreaktivberufen zuständig, diese wird zum Teil aus der Abgabe finanziert.

Abgabepflicht entsteht zum Beispiel, wenn eine selbstständige Werbetexterin den neuen Firmenflyer verfasst, ein selbstständiger Fotograf Mitarbeiter für die Image-Broschüre porträtiert, eine selbstständige Designerin das Firmenlogo gestaltet oder ein auf eigene Rechnung arbeitender Clown am Tag der offenen Tür die Kinder unterhält. Viele Auftraggeber wissen gar nicht, dass in solchen Fällen auf das Honorar nicht nur Umsatzsteuer, sondern auch Künstlersozialabgabe anfallen kann. Oft sind es erst die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung, die über die Rechnungen stolpern. Dann drohen nicht nur Nachzahlungen, sondern auch Säumniszuschläge.

Lektüretipp: Alles Wichtige zur Künstlersozialabgabe haben wir vor einiger Zeit unter dem Titel „Nicht nur für Kreative: Künstlersozialversicherung und Künstlersozialabgabe“ im Unternehmer-News-Blog von orgaMAX zusammengefasst.

Dort lesen Sie zum Beispiel, warum die Abgabe zwar bei Aufträgen an Einzelselbstständige, nicht aber an eine GmbH anfällt. Der Artikel erläutert zudem das Meldeverfahren und beschreibt, wie die Künstlersozialkasse kreative Selbstständige sozial absichert.

Informationen für „Unternehmer und Verwerter“ bietet auch die Künstlersozialkasse selbst.

 

 

Urteil: Einmaliger Auftrag überschreitet Bagatellgrenze, aber keine Künstlersozialabgabe

Für die Künstlersozialabgabe besteht eine Bagatellgrenze. Selbstständige und Unternehmen müssen sie nur bezahlen, wenn sie „nicht nur gelegentlich“ Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteilen. Das gilt für alle Auftraggeber außer „typischen Verwertern“: Verlage, Agenturen, Veranstalter, Galerien, Medienproduzenten und ähnliche Unternehmen können die Bagatellgrenze nicht in Anspruch nehmen.

Die Frage ist, wann „nur gelegentlich“ Aufträge an Kreative vergeben werden. § 24 Künstlersozialversicherungsgesetz nennt dafür einen Wert: Aufträge im Wert von maximal 450 Euro pro Jahr. Doch ist diese Grenze das einzige Kriterium? Diese Frage war vor kurzem Gegenstand eines Rechtsstreits. Ein Anwalt hatte seinem Webdesigner für die Neugestaltung der Kanzlei-Website in einem Jahr zwei Zahlungen von insgesamt 1.750 Euro überwiesen. Dies fiel einem Prüfer der DRV auf, der die Künstlersozialabgabe nachforderte. Der Anwalt wehrte sich. Die Folge war ein Prozess, der bis vors Bundessozialgericht ging.

Das Bundessozialgericht entschied, dass der Rechtsanwalt auf das Honorar keine Künstlersozialabgabe zahlen musste. Wer maximal 450 Euro an Aufträgen erteilt, ist ohnehin nicht abgabepflichtig. Das kann dem Urteil zufolge aber auch bei höheren Auftragsvolumen gelten. „Nur gelegentlich“ war für die Richter auch der einmalige Auftrag des Anwalts, obwohl er damit die 450-Euro-Grenze im betreffenden Jahr klar überschritt.

Das Bundessozialgericht erteilte der restriktiven Auslegung der Bagatellgrenze durch die KSK eine deutliche Absage. Letztlich ist entscheidend, ob der Auftraggeber im konkreten Fall eine „arbeitgeberähnliche Position“ gegenüber den beauftragten Selbstständigen einnimmt. Indizien dafür sind Regelmäßigkeit bzw. Dauerhaftigkeit der Aufträge und ein hohes „wirtschaftliches Ausmaß der Verwertung“ ihrer kreativen Leistungen (BSG, 01.06.2022- B 3 KS 3/21 R).

 

Was folgt aus dem Urteil für die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung?

  • Selbstständige und Unternehmen müssen nicht automatisch Künstlersozialabgabe zahlen, sobald das Gesamtvolumen ihrer Aufträge an selbstständige Kreative mehr als 450 Euro beträgt. Zumindest bei einem einmaligen Auftrag kann die Auftragssumme darüber liegen, ohne dass KSK-Abgaben anfallen.
  • Bleiben die Aufträge eines Jahres unter 450 Euro, besteht ohnehin keine Abgabepflicht, solange der Auftraggeber oder die Auftraggeberin keine typischen Verwerter sind.
  • Außerdem greift als weitere Bestimmung, dass Honorare für Musiker, Schauspieler, Artisten und andere darstellende Künstler nicht zur Abgabepflicht führen, solange der Auftraggeber nicht mehr als drei Veranstaltungen pro Kalenderjahr durchführt. Auch hier gilt als Voraussetzung: der Auftraggeber darf kein typischer Verwerter sein, also kein Theaterbetrieb, kein Konzertveranstalter, keine Event-Agentur oder ähnliches.
  • Umgekehrt sind typische Verwerter, deren Geschäftsmodell regelmäßige Aufträge an kreative Dienstleister, Künstlerinnen oder Publizisten umfasst, in jedem Fall abgabepflichtig. Das gilt ab dem ersten Auftrag an selbstständige Künstler oder Publizistinnen.

Für viele Selbstständige und Unternehmen, die bislang bereits für eine einzelne Werbebroschüre oder ein Website-Projekt bezahlt haben, entfällt die Künstlersozialabgabe wohl in Zukunft. In Zweifelsfällen sollte man die Abgabepflicht jedoch konkret mit einem Anwalt für Sozialrecht klären.

Fragen beantwortet auch die Künstlersozialversicherung selbst. Ihre Hotline ist unter der Nummer 04421 973 405 1500 erreichbar. Außerdem hat sie für Fragen zur Künstlersozialabgabe die E-Mail-Adresse abgabe@kuenstlersozialkasse.de eingerichtet. Tipps zur Beitragsvermeidung darf man dort allerdings nicht erwarten.



Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Rechts- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

 

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