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Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine beschäftigen: Vereinfachte Vorschriften

15. Jun. 2022
5 MIN

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Die russische Invasion hat viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland gebracht. Dank einer EU-Richtlinie für Vertriebene können sie hier besonders einfach beschäftigt werden.

 

Durch den Krieg aus der Ukraine Vertriebene dürfen in Deutschland arbeiten

Sie wollen jemandem, der vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen ist, einen Job geben? Das geht vergleichsweise einfach: In den allermeisten Fällen dürfen diese Menschen in Deutschland arbeiten und können ohne weitere Umstände beschäftigt werden.

Schon vor Jahren hat die EU eine besondere Richtlinie für Situationen mit einem „Massenzustrom von Vertriebenen“ beschlossen (Richtlinie 2001/55/EG). Wegen des Kriegs in der Ukraine wurde sie am 04. März 2022 für ein Jahr aktiviert. Seither können Kriegsflüchtlinge von dort nach Deutschland einreisen und hier als Vertriebene eine Aufenthaltserlaubnis „zum vorübergehenden Schutz“ gemäß § 24 Aufenthaltsgesetz beantragen. Dazu gehört, dass Erwerbstätigkeit im Regelfall erlaubt ist.

Bitte beachten Sie: Der humanitäre Aufenthaltstitel gilt nicht nur für ukrainische Staatsangehörige. Er steht auch anderen Menschen offen, die sich am 24. Februar 2022 oder danach auf dem Gebiet der Ukraine aufgehalten haben, beispielsweise zum Arbeiten oder zum Studieren. Wer diesen Titel erhält, muss in Deutschland kein Asylverfahren durchlaufen. Außerdem hängt der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt dann nicht von einer Zustimmung der Arbeitsagentur ab.

 

 

Wie kann man feststellen, ob jemand in Deutschland arbeiten darf?

  • Die Betreffenden erhalten als Nachweis ihres Aufenthaltstitels eine Chipkarte, die neben einem Foto, ihrem Namen und anderen Angaben den ausdrücklichen Zusatz „Erwerbstätigkeit gestattet“ enthält.
  • Als vorläufiges Dokument wird eine sogenannte Fiktionsbescheinigung auf Papier ausgestellt. Auch dort wird der Hinweis auf die Erwerbstätigkeit ausdrücklich vermerkt.

 

Keine Besonderheiten beim Arbeitsrecht und der Gehaltsabrechnung

Beim Arbeitsrecht gelten für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine die gleichen Regeln wie für ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen, zum Beispiel in Bezug auf den Arbeitsschutz, die Arbeitszeit, den Kündigungsschutz und den Mindesturlaub. Auch in Bezug auf die Lohnsteuer und die Sozialversicherungspflicht gibt es keine Abweichungen.

Die Beschäftigten aus der Ukraine benötigen eine Sozialversicherungsnummer und eine Steuer-Identifikationsnummer. Ihre Sozialversicherungsnummer wird nach der ersten Meldung zur Sozialversicherung durch den Arbeitgeber zugewiesen. Deshalb sind bei der Meldung das Geburtsdatum, der Geburtsort, das Geschlecht und ggf. der Geburtsname als Angaben erforderlich. Die Steuer-ID erstellt das Bundeszentralamt für Steuern, sobald die Menschen an einem deutschen Wohnsitz gemeldet sind. Bis dahin sind sie wie Arbeitnehmer mit ausländischem Wohnsitz als beschränkt steuerpflichtig abzurechnen.

 

Stolperstein: die Anerkennung ukrainischer Berufsabschlüsse

Selbstständige und Unternehmer, die ukrainische Interessenten für leicht erlernbare Tätigkeiten finden, müssen keine weiteren Hürden überwinden.

Anders liegt die Sache, wenn die Tätigkeit rechtlich einen bestimmten Qualifikationsnachweis voraussetzt, etwa eine Zulassung oder einen bestimmten Abschluss. Eine ukrainische Anästhesiepflegerin kann nicht einfach in einem deutschen OP eingesetzt werden, selbst wenn sie das notwendige Wissen mitbringt. Diese Stellung setzt voraus, dass ihr ukrainischer Berufsabschluss anerkannt wird. Entsprechendes gilt für viele andere Berufe mit Zugangsvoraussetzungen.

Natürlich kann die Anerkennung in Deutschland beantragt werden. Allerdings dauert das oft lange. Außerdem erfordert es umfangreiche Nachweise, etwa Abschlusszeugnisse, über die Vertriebene aus einem Kriegsgebiet nicht immer verfügen. Tipps zur schnellen Anerkennung beruflicher Qualifikationen gibt das Bundesinstitut für Berufsbildung.

 

Begrenzte Aufenthaltsfrist: Wechsel auf einen anderen Aufenthaltsstatus?

Auch in Bezug auf die Aufenthaltsdauer kann es zu Schwierigkeiten kommen. Das gilt dann, wenn die Vertriebenen aus der Ukraine dauerhaft eine wichtige Rolle im Betrieb spielen oder sogar eine Ausbildung machen sollen. Der Aufenthaltsstatus zum vorübergehenden Schutz ist, wie der Name sagt, befristet – nach aktuellem Stand bis zum März 2023. Je nach Entwicklung der Lage kann es sein, dass die Sonderregelung dann ausläuft.

Das muss eine längerfristige Beschäftigungsperspektive oder eine Ausbildung in Deutschland allerdings nicht verhindern. Die Betreffenden können jetzt schon einen anderen Aufenthaltsstatus beantragen, der die Erlaubnis zur Beschäftigung oder Qualifizierung in Deutschland umfasst. Ein unterschriebener Arbeits- oder Ausbildungsvertrag kann dabei in vielen Fällen eine wichtige Voraussetzung sein. Beispiele sind:

  • die Blue Card für Hochqualifizierte mit fester, gut bezahlter Stelle
  • die Aufenthaltserlaubnis für ausgebildete Fachkräfte
  • die Aufenthaltserlaubnis zur Anerkennung einer ausländischen Berufs-Qualifikation
  • der Aufenthaltstitel für Auszubildende für die Dauer der Ausbildung

Eine Übersicht über diese Möglichkeiten bietet das Merkblatt „Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland“ der Arbeitsagentur.

 

Tipp: Auch eine Selbstständigkeit ist möglich

Ukrainische Vertriebene können sich alternativ zu einer Beschäftigung in Deutschland auch selbstständig machen. Ein Unternehmer, der gerne das Know-how einer ukrainischen Programmiererin nutzen möchte, kann dieser nicht nur einen Arbeitsvertrag anbieten. Alternativ kann er ihr vorschlagen, sich selbstständig zu machen und sich als einer der ersten Kunden für ihre Existenzgründung anbieten.

 

Lektüretipps

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