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Geschäftswagen von Selbstständigen: Betriebs- oder Privatvermögen?

9. Dez. 2022
7 MIN

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Ein teils geschäftlich, teil privat genutztes Fahrzeug von Selbstständigen kann entweder zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehören. Das wirkt sich darauf aus, ob und wie die Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden können. Je nach dem Anteil der geschäftlichen Nutzung ist die Zuordnung entweder fest vorgegeben oder es besteht ein Wahlrecht.

Der Geschäftswagen von Selbstständigen und die private Nutzung

Viele Selbstständige nutzen ihr Fahrzeug sowohl privat wie auch geschäftlich – sie fahren damit morgens ins Büro sowie auf Geschäftsreisen und Kundentermine, aber auch privat zum Einkaufen oder in den Kurzurlaub.

Aus steuerlicher Sicht müssen diese verschiedenen Fahrten auseinandergehalten werden. Die geschäftlichen Fahrten verursachen Betriebskosten, die den Gewinn und damit die Steuerlast mindern. Für die privaten Fahrten gilt das natürlich nicht. Deren Kosten dürfen vom Unternehmen nicht steuerlich geltend gemacht werden.

Dabei gibt es zwei verschiedene Konstellationen:

  • Das Fahrzeug ist Privateigentum. In diesem Fall muss der oder die Selbstständige die Anschaffungs-, Unterhalts- und Fahrtkosten grundsätzlich privat tragen, ohne dass sie steuerlich berücksichtigt werden. Der Kostenanteil, der den geschäftlichen Fahrten entspricht, stellt allerdings Betriebskosten dar.
  • Das Fahrzeug gehört zum Betriebsvermögen. Damit stellen die Fahrzeugkosten Betriebskosten dar. Das Finanzamt achtet jedoch sehr genau darauf, dass der „geldwerte Vorteil“, der durch die private Nutzungsmöglichkeit entsteht, versteuert wird.

„Aber ich fahre das Auto nur rein geschäftlich!“

Für die Finanzverwaltung zählt dieses Argument nicht. Sie geht grundsätzlich davon aus, dass ein geschäftliches Fahrzeug, das privat genutzt werden kann, auch privat zum Einsatz kommt. Das gilt sogar dann, wenn Sie neben dem Geschäftsfahrzeug noch einen oder auch zwei Privatwagen haben. Der einzige Weg, um diese Vermutung zu widerlegen und die damit verbundenen Steuern zu vermeiden, ist ein lückenloses Fahrtenbuch.

Privatvermögen oder Betriebsvermögen?

Ob das Fahrzeug von vornherein zum Privatvermögen zählt, ins Betriebsvermögen fällt oder ob Sie ein Wahlrecht haben, entscheiden die Nutzungsanteile. Entscheidend ist immer der Anteil privater bzw. geschäftlich gefahrener Kilometer an der Gesamtzahl der im Jahr gefahrenen Strecken:

  • Liegt der Anteil betrieblicher Fahrten an der gesamten Fahrleistung unter zehn Prozent, fällt das Fahrzeug zwingend ins Privatvermögen. Zum Glück können Sie die Kosten der geschäftlich gefahrenen Strecken trotzdem steuerlich geltend machen. Wie das geht, lesen Sie weiter unten.
  • Falls die geschäftliche Nutzung mindestens zehn und maximal fünfzig Prozent ausmacht, dürfen sie wählen: Sie können entscheiden, ob Sie das Fahrzeug als Teil Ihres Privatvermögens behandeln wollen oder ob es ins Betriebseigentum fällt.
  • Sobald die geschäftliche Nutzung mehr als fünfzig Prozent beträgt, ist die Zuordnung wieder fest vorgegeben: Damit gehört das Fahrzeug zum Betriebsvermögen.

Beruht die Zuordnung des Autos zum Betriebsvermögen auf einer Entscheidung, spricht man von „gewillkürtem Betriebsvermögen“. Der Gegenbegriff ist „notwendiges Betriebsvermögen“, wenn die Zuordnung aufgrund einer betrieblichen Nutzung von mehr als der Hälfte der Fahrkilometer verpflichtend ist.

Wie weist man den Anteil bei einem neuen Fahrzeug nach?

Wie belegt man bei einem Fahrzeug, das zum ersten Mal in der Steuererklärung erscheint, die Zuordnung zum Geschäftsvermögen? Dafür genügen Belege, die Hinweise auf das Fahrtaufkommen geben, beispielsweise eine Aufstellung der Geschäftsreisen und -Termine, Spesen-Abrechnungen für Auftraggeber oder die steuerlich geltend gemachten Reisekosten.

Alternativ können Sie für drei Monate ein vereinfachtes, formloses Fahrtenbuch führen, das die geschäftlichen Fahrten, deren Zweck bzw. Ziel, die Strecken auflistet und die Kilometerstände zu Beginn und zum Ende der Fahrt dokumentiert. Privatfahrten müssen Sie nicht festhalten. Fahrten zwischen Wohnung und Ihrer ersten Betriebsstätte dürfen Sie dagegen mit erfassen: Der Weg von und zur Arbeit zählt in diesem Fall als geschäftlich veranlasst.

Je nach Tätigkeit kann es auch sein, dass das Finanzamt auf solche Belege für die geschäftliche Nutzung verzichtet, zum Beispiel weil Sie als Handelsvertreter ohnehin laufend unterwegs sind, oder weil Sie so weit entfernt von Ihrem Büro wohnen, dass der nötige Nutzungsanteil sich direkt aus der Distanz ergibt.

Wagen im Betriebsvermögen: Voller Betriebskostenabzug

Ob gewillkürt oder notwendig: wenn das Fahrzeug zum Betriebsvermögen gehört, können Sie sämtliche Kosten als Betriebskosten absetzen.

  • Die Anschaffungskosten können Sie abschreiben. Die AfA für neue PKW beträgt sechs Jahre. Bei Gebrauchtwagen wird deren Alter abgezogen, so dass ein drei Jahre alter Wagen nur über drei Jahre abgeschrieben werden muss. Ist das Fahrzeug vier Jahre oder älter, gilt in jedem Fall eine zweijährige Abschreibungsfrist. Falls das Fahrzeug in den Jahren von 2020 bis 2022 angeschafft wurde, können sie statt der linearen auch die degressive Abschreibung nutzen. Die lineare und die degressive Abschreibung wird in diesem Beitrag praxisnah erläutert: „Prinzip Abschreibung: Privileg oder Plage?
  • Kosten für Reparaturen, Ersatzteile, Wartungsarbeiten sowie Kraft- und Schmierstoffe stellen ebenfalls in voller Höhe Betriebskosten dar. Das gleiche gilt für die Kfz-Versicherung und mögliche Maut-Gebühren.
  • Auch die Ladekosten betrieblicher E-Autos sind Betriebskosten. Wenn Sie Ihr E-Auto im Betriebsvermögen über ihr privates Stromnetz aufladen, können Sie den entsprechenden Anteil an der Stromrechnung als Betriebskosten geltend machen. Dazu müssen Sie entweder die tatsächlichen Ladestrom-Kosten für drei Monate nachweisen, oder Sie nutzen die dafür vorgesehene Pauschale (70 Euro für Elektro- und 35 Euro für Hybridfahrzeuge, wenn Sie keine geschäftliche Lademöglichkeit haben. Gibt es in der Betriebsstätte eine Lademöglichkeit, können Sie pauschal 30 Euro für ein E-Fahrzeug und 15 Euro für ein Hybridfahrzeug ansetzen. Quelle: BMF-Schreiben vom 05. November 2021, RZ 20.)
  • Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte können Sie die Entfernungspauschale ansetzen: 30 Cent für die ersten 20 Entfernungskilometer, 38 Cent für jeden weiteren Kilometer.
  • Sämtliche Umsatzsteueranteile können Sie als Vorsteuer geltend machen, wenn Sie umsatzsteuerpflichtig sind. Dazu gehört z. B. die Umsatzsteuer auf den Anschaffungspreis, auf Kraftstoff und auf Reparaturen.

Wohlgemerkt: Sie können alle Kosten des Geschäftsfahrzeugs als Betriebskosten absetzen. Das gilt zunächst einmal unabhängig von Ihren Privatfahrten, und umfasst selbst die Tankrechnung und die Mautgebühren von ihrer privaten Urlaubsfahrt und die Reparaturkosten nach dem in der Freizeit verursachten Unfall. Daraus folgt jedoch keineswegs, dass das Finanzamt Ihnen die Privatnutzung einfach schenkt.

Wagen im Betriebsvermögen: Der geldwerte Nutzen muss versteuert werden

Steuerlich gesehen erhöht die private Nutzung Ihres Geschäftswagens den betrieblichen Gewinn. Schließlich haben sie auf diese Art neben dem finanziellen Ertrag auch einen materiellen Vorteil. Und der muss versteuert werden. Dafür gibt es wie bei Angestellten, die einen Firmenwagen privat fahren können, grundsätzlich zwei Alternativen:

  • Die Fahrtenbuchmethode erfordert, dass alle geschäftlichen Fahrten lückenlos erfasst werden. Das kann auf Papier oder mit einer Software/App geschehen. In beiden Fällen gelten strikte formelle Anforderungen.
  • Alternativ können Sie mit der Einprozent-Methode einen pauschalen Betrag für die Privatnutzung ansetzen. Er entspricht einem Prozent vom Brutto-Listenpreis Ihres Fahrzeugs – und zwar pro Monat. Bei E- und Hybridfahrzeugen entspricht er einem halben oder einem Viertel-Prozent, je nach Bauart und Anschaffungsjahr.

Die Einprozent-Methode ist nur gestattet, wenn das Fahrzeug sich im notwendigen Betriebsvermögen befindet (geschäftliche Nutzung über 50 Prozent). In diesem Fall können Sie also wählen, wie Sie die private Nutzung erfassen.

Bei einem Wagen im gewillkürten Betriebsvermögen (geschäftliche Nutzung zwischen 10 und 50 Prozent) ist ein Fahrtenbuch zu führen. Ohne ordnungsgemäßes Fahrtenbuch schätzt das Finanzamt die Privatnutzung.

Geschäftliche Nutzung des Privatwagens: Betriebskosten ansetzen

Wenn der Wagen ins Privatvermögen fällt, können Sie zwar die Anschaffungskosten nicht betrieblich geltend machen. Für geschäftliche Fahrten mit dem Fahrzeug können Sie jedoch Betriebskosten ansetzen. Auch dabei haben Sie zwei Verfahren zur Auswahl:

  • Sie können für die geschäftlich gefahrenen Kilometer die Kilometerpauschale von 0,30 Cent ansetzen. Diese Pauschalbeträge decken häufig nicht die Kosten. Für die Fahrt zum Geschäftstermin in eine 300 Kilometer entferne Stadt plus Rückfahrt ergeben sich 600 x 0,30 Cent = 180 Euro.
    Zum Nachweis der betrieblich veranlassten Fahrten müssen sie ein einfaches Fahrtenbuch führen, mit Datum, dem Anlass der Fahrt bzw. dem aufgesuchten Unternehmen, Start und Ziel sowie den gefahrenen Kilometern.
  • Alternativ können Sie die tatsächlichen Fahrkosten pro Kilometer ermitteln und ansetzen. Allerdings erfordert das einen gewissen Aufwand. Sie müssen dafür eine Vollkostenkalkulation der Fahrtkosten erstellen und die anteiligen geschäftlichen Fahrtkosten ermitteln. Zunächst sind der jährliche Abschreibungsbetrag des Fahrzeugs, sämtliche Kraftstoff- und Reparaturrechnungen, die Kfz-Steuer und Versicherungskosten etc. zu erfassen. Zumindest ein Jahr lang müssen diese Ausgaben durch Belege nachgewiesen werden.
    Auf Grundlage der Kostenaufstellung lassen sich die tatsächlichen Kosten pro Kilometer errechnen. Die geschäftlich gefahrenen Kilometer weisen Sie auch hier mit einem vereinfachten Fahrtenbuch nach. Damit können Sie die geschäftliche Kilometerleistung in Bezug zu den tatsächlichen Kosten pro Kilometer setzen und erhalten die tatsächlichen betrieblichen Fahrtkosten, die Sie als Betriebsausgaben ansetzen.

Geschäftswagen im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen – was ist besser?

Allgemein lässt sich diese Frage nicht beantworten – abgesehen davon, dass nur in einem Teil der Fälle überhaupt eine Entscheidung möglich ist. Häufig ist es sinnvoll, das Fahrzeug im Betriebsvermögen zu führen. Dadurch wird es einfach, die Umsatzsteueranteile auf die Fahrzeug- und Fahrkosten geltend zu machen. Bei einem Fahrzeug im Privatvermögen lässt sich der Vorsteuerabzug nur in bestimmten Fällen und mit viel Aufwand erreichen.

Trotzdem kann es im Einzelfall Sinn ergeben, den Wagen im Privatvermögen zu belassen, weil es Aufwand spart. Entscheidend sind die konkreten Umstände: der Anteil der geschäftlichen und der privaten Fahrten, Alter und Verbrauch des Wagens, die Anschaffungskosten und dergleichen mehr. Wer die Entscheidung zwischen der Zuordnung zum betrieblichen und zum Privatvermögen systematisch treffen will, kommt um eine Vergleichsrechnung nicht herum.

 

 

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