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Auskommen mit dem Einkommen: So berechnen Selbstständige tragfähige Stundenhonorare

27. Aug. 2021
7 MIN

202108_Stundenhonorare

Die Ermittlung eines auskömmlichen Stundenhonorars ist für Selbstständige unverzichtbar. Das gilt selbst dann, wenn der Markt branchentypische Preisobergrenzen vorgibt. Wer seinen persönlichen Stundensatz genau kalkuliert, kann in Vertragsverhandlungen selbstbewusster auftreten und lässt sich erfahrungsgemäß nicht so leicht über den Tisch ziehen.

Und selbst wenn sich die ursprünglichen Honorar-Vorstellungen nicht ganz durchsetzen lassen, wissen Sie immerhin, wie Sie Ihren erforderlichen Unternehmerlohn doch noch erzielen: notfalls über Zusatzaufträge und einen höheren Auslastungsgrad.

Lektüretipp: Im orgaMAX-Blogbeitrag „Must have: So berechnen Sie Ihren Unternehmerlohn“ erfahren Sie, wie Selbstständige ausgehend von ...

  • ihrem persönlichen Bedarf und / oder
  • dem Angestellten-Gehalt eines vergleichbaren Arbeitnehmers

... die Höhe ihres Mindest-Einkommens kalkulieren.

 

Nachdem das übergeordnete Gewinnziel ermittelt ist, geht es an die Kalkulation des dafür erforderlichen Mindestumsatzes und dessen Umrechnung auf die „produktive“ Arbeitsstunde.

 

Vom Unternehmerlohn zum Gewinn-Ziel

Angenommen, Sie streben einen Unternehmerlohn (= Gewinn-Ziel) an von mindestens 60.000 Euro nach Abzug der Einkommensteuer (aber noch vor Abzug der privaten Altersvorsorge sowie Kranken- und Pflegeversicherungs-Beiträgen).

Verallgemeinerbare Aussagen über die Höhe der Steuerbelastung lassen sich leider nicht machen. Denn die fällige Einkommensteuer hängt unter anderem ab von ...

  • Familienstand und Anzahl der Kinder,
  • der Höhe des zu versteuernden Einkommens,
  • sonstigen Einkünften des Steuerpflichtigen und seines / ihres Ehepartners sowie
  • weiteren persönlichen Verhältnissen (z. B. Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen etc.)
Bitte beachten Sie: Zu kalkulatorischen Zwecken betrachten Sie den steuerpflichtigen Gewinn der Einfachheit halber am besten als zu versteuerndes Einkommen. So sind Sie auf der halbwegs sicheren Seite, weil die tatsächliche Steuerbelastung später geringer ausfallen wird.

 

Damit unterm Strich (= „nach Steuern“) das Gewinn-Ziel von 60.000 Euro übrigbleibt, muss das zu versteuernde Einkommen ...

  • einer / eines Unverheirateten rund 90.000 Euro betragen
  • einer / eines Verheirateten bei rund 75.000 Euro liegen.

(Stand: Steuertarif 2021)

Praxistipps: Die Größenordnung Ihrer persönlichen Steuerbelastung ermitteln Sie zum Beispiel mit dem Einkommensteuer-Rechner des Bundesfinanzministeriums. Sind Einkünfte und sonstige Lebensverhältnisse weitgehend unverändert geblieben, lässt sich der persönliche Steuersatz alternativ aber auch aus dem letzten Steuerbescheid ablesen. Was dabei zu beachten ist, können Sie im eingangs erwähnten Unternehmerlohn-Blogbeitrag unter der Überschrift „Steuern nicht vergessen“ nachlesen.

 

Vom Gewinn-Ziel zum Umsatz-Ziel

Ein Gewinn-Ziel von zum Beispiel 75.000 Euro ist jedoch noch nicht das Umsatz-Ziel. Denn aus Ihrem Umsatz müssen Sie vorweg ja auch noch die laufenden Betriebsausgaben bestreiten. Dazu zählen insbesondere ...

  • Büro- oder Werkstattmiete,
  • Personal- und / oder Dienstleisterkosten,
  • Arbeitsmittel (Bürobedarf, Porto, Fachliteratur),
  • Telekommunikation (Telefon, Internet etc.),
  • Werbung,
  • Geschäftswagen, sonstige Fahrt- und Reisekosten,
  • Versicherungen,
  • Fortbildungs- und Beratungsaufwand oder auch
  • Abschreibungen und Zinsaufwand.

 

Angenommen, Ihre voraussichtlichen Betriebsausgaben betragen 25.000 Euro. Zusammen mit dem exemplarischen Gewinn-Ziel von 75.000 Euro ergibt das einen Plan-Umsatz von 100.000 Euro.

Im nächsten Schritt geht es darum ...

  • das Umsatz-Ziel auf die voraussichtliche Zahl der abrechenbaren (= „produktiven") Stunden umzulegen oder aber
  • bei feststehenden, marktüblichen Stundensätzen die Anzahl der erforderlichen produktiven Stunden zu ermitteln.

 

Vom Umsatz-Ziel zum Honorar-Stundensatz

Die Prognose tatsächlich geleisteter Arbeitsstunden für Selbstständige ist zwar schwierig. Je nach Alter, Gesundheitszustand sowie körperlicher und physischer Belastbarkeit lässt sich jedoch zumindest die Obergrenze grob abschätzen.

Neben dem durchschnittlichen Auslastungsgrad hängt die abrechenbare Arbeitszeit bei persönlichen Dienstleistungen ab von der Anzahl der ...

  • Arbeitsstunden pro Tag,
  • Arbeitstage pro Woche sowie der Anzahl von
  • Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen.

Wer zehn Stunden pro Tag an sechs Tagen pro Woche ohne Urlaub zu machen und krank zu werden durchhält und obendrein zu 100 Prozent ausgelastet ist, kommt aufs Jahr gesehen auf 3.120 produktive (= abrechenbare / fakturierbare) Stunden. Ein Plan-Umsatz von 100.000 Euro ließe sich so mit einem Stundensatz von 100.000 / 3.120 = 32 Euro erzielen.

Nun ist eine pausenlose 60-Stundenwoche aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer niemandem zu empfehlen. Zumal zusätzlich alle kaufmännischen Aufgaben an den viel zu kurzen Feierabenden und Sonntagen erledigt werden müssten: angefangen bei der Auftrags-Akquisition bis hin zu Buchführungs- und anderen Verwaltungsaufgaben.

Realistischerweise gehen viele Selbstständige daher von den folgenden Rahmenbedingungen aus:

  • 8 Arbeitsstunden pro Tag,
  • 5 Arbeitstage pro Woche,
  • 20 Urlaubstage pro Jahr (= 4 Wochen)
  • 10 Feiertage pro Jahr (= 2 Wochen)
  • 5 Krankheitstage pro Jahr (= 1 Woche)

Von den kalendarisch 52 Wochen bleiben nach Abzug von Urlaub, Feiertagen und Krankheitstagen 45 produktive 40-Stundenwochen. Bei einer Vollauslastung könnten in dem Fall 1.800 Stunden in Rechnung gestellt werden. Bei einer 75-prozentigen Auslastung müsste das Umsatzziel innerhalb von 1.350 Stunden erreicht werden.

Mit anderen Worten: Um den angestrebten Planumsatz von 100.000 Euro zu erzielen, müsste der oder die Selbstständige ...

  • bei Vollauslastung einen Stundensatz von 100.000 / 1.800 = 55,55 Euro erzielen. Falls er oder sie sich an Privatkunden richtet, käme die Mehrwertsteuer / Umsatzsteuer hinzu. Das ergäbe ein Brutto-Stundenhonorar von 66,10 Euro.
  • bei 75-prozentiger Auslastung einen Stundensatz von 100.000 / 1.350 = 74 Euro erzielen. Falls er oder sie sich an Privatkunden richtet, käme wiederum die Mehrwertsteuer / Umsatzsteuer hinzu. Das ergäbe ein Brutto-Stundenhonorar von 88,15 Euro.

Praxistipps: Mithilfe von Online-Honorarrechnern können Sie Ihren Stundensatz recht einfach überschlagen. Hier ein paar brauchbare Beispiele:

  • Die IHK-Krefeld stellt einen EXCEL-basierten Stundensatz-Rechner mit allen wichtigen Parametern zum Download bereit.
  • Bei akademie.de gibt es einen schlichten Stundensatz-Kalkulator, der rückwärts rechnet: Ausgehend von einem variablen Netto-Stundensatz, fakturierbaren Arbeitsstunden und -tagen, Betriebsausgaben sowie persönlicher Steuerbelastung ermittelt der Online-Rechner das verbleibende Netto-Einkommen pro Stunde.
  • Der GULP Stundensatz Kalkulator klärt über branchenübliche Stundensatz-Forderungen selbstständiger IT-Dienstleister auf.

 

Umgekehrt: Vom Marktpreis zum Auslastungsgrad

Je nach Branche, Wirtschafts- und Konjunkturlage können Selbstständige ihre Honorar-Vorstellungen nur bedingt durchsetzen. In dem Fall bietet der durchschnittliche Marktpreis immerhin die Möglichkeit, das Umsatzziel über einen entsprechend höheren Auslastungsgrad zu erreichen.

Angenommen, das übliche Netto-Stundenhonorar liegt bei 65 Euro. Dann ließe sich das Umsatz-Ziel mit rund 1.540 fakturierten Stunden erreichen (100.000 / 65). Das entspräche einem Auslastungsgrad von gut 85 % (oder 34 produktiven Stunden pro Arbeitswoche).

 

Steuerrücklage nicht vergessen!

Trotz angemessener Stundensätze und guter Auftragslage sorgen Steuernachzahlungen vielfach für ein böses Erwachen. Erschreckende Steuerbescheide sind oftmals nicht auf ungünstige Finanzamts-Entscheidungen zurückzuführen. Vielmehr leben Selbstständige versehentlich über ihre Verhältnisse: Sie versäumen es, über ihre (vorsichtshalber knapp kalkulierten) Steuervorauszahlungen hinaus Rücklagen für absehbare Steuernachzahlungen zu bilden.

Was bei der Steuerschätzung in eigener Sache zu beachten ist, erfahren Sie im orgaMAX-Blogbeitrag „So sorgen Sie für ausreichende Steuerrücklagen“.

Lektüretipps

Weiterführende Informationen zu Vertrags- und Steuerthemen finden Sie im orgaMAX-Blog und im Newsletter-Archiv:

 

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