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Was bedeutet das Lieferkettengesetz für Dienstleister und Lieferanten?

22. Mär. 2023
7 MIN

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Seit Jahresbeginn 2023 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz. Direkt betroffen sind zwar nur Unternehmen mit mindestens 3.000 und demnächst 1.000 Mitarbeitern. In Form einer vorgeschriebenen Lieferantenprüfung wirken sich die Vorschriften für „saubere“ Lieferketten jedoch auch auf kleinere Unternehmen aus.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz

Seit 2023 ist in Deutschland das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ oder „Lieferkettengesetz“ (LkSG) in Kraft. Es schreibt großen Unternehmen vor, ihre Lieferketten auf das Risiko von Umwelt- und Menschenrechtsverstöße zu prüfen, Prävention zu betreiben und auf solche Verstöße angemessen zu reagieren.

  • Diese Pflichten beziehen sich auf die gesamte Lieferkette und betreffen auch indirekte Lieferanten sowie Lieferanten im Ausland § 2 Abs. 4 LkSG. Selbst Kreditinstitute, die einen indirekten Lieferanten finanzieren, zählen grundsätzlich zur Lieferkette. Allerdings sind die Anforderungen bei direkten Zulieferern höher.
  • Verletzt ein Zulieferer grundlegende Umwelt- und Menschenrechtsanforderungen, müssen entweder die Verstöße oder die Lieferbeziehung beendet Beispiele sind Kinderarbeit, das Verbot von Gewerkschaften, Fehlen grundlegender Arbeitsschutz-Standards oder die Vergiftung des Grundwassers durch Abwässer aus Produktionsanlagen. Die gesamte Liste ergibt sich aus § 2 Abs. 2 und 3 LkSG.
  • Bei unmittelbaren Zulieferern haben Unternehmen, für die das LkSG gilt, die entsprechende Risiken systematisch durch eine Risikoanalyse zu erfassen, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen und im Fall von Verstößen für Abhilfe zu sorgen. (§ 5-7 LkSG).
  • Gibt es „tatsächliche Hinweise“ auf Missstände bei mittelbaren Zulieferern, müssen sie ebenfalls reagieren (§ 9 LkSG).
  • Bei Verstößen gegen das LkSG drohen hohe Bußgelder und ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen (§ 22, 24 LkSG).

Die Vorschriften gelten nur für Unternehmen, die ihren Sitz, ihre Hauptniederlassung oder ihre Verwaltung in Deutschland haben und hier mindestens 3.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ab 2024 sinkt diese Schwelle auf 1.000 Mitarbeiter.

Trotzdem hat das Lieferkettengesetz mittelbar auch Auswirkungen auf kleinere Unternehmen und sogar Einzelselbstständige: im Zuge der Risikoprüfung von Lieferanten werden auch sie erfasst.

Was bedeutet das aus Sicht von Lieferanten und Dienstleistern?

Auch Unternehmen, die selbst weit von der 3.000- bzw. 1.000-Mitarbeiter-Schwelle entfernt sind, sollten sich auf die neue Rechtslage einstellen. Das gilt zumindest dann, wenn das Gesetz für einen oder mehrere ihrer Kunden gilt. Dann sind durch die Prüfpflichten auch dessen Lieferanten betroffen (§ 6 Abs. 4. LkSG):

  • Kunden, die vom LkSG erfasst werden, müssen ihre unmittelbaren Lieferanten vertraglich auf die Einhaltung der von ihnen festgelegten „menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen“ verpflichten und im Rahmen einer Lieferantenbewertung regelmäßig überprüfen.
  • Für Auftragnehmer und Lieferanten sind also Richtlinien festzulegen, ein „Lieferantenkodex“. Dieser soll vertraglich auch auf Vorlieferanten ausgedehnt werden, so die Gesetzesbegründung, etwa durch die Verpflichtung auf bestimmte Lieferquellen oder zertifizierte Produkte.
  • Zur Einhaltung der Standards sieht das Gesetz „Schulungen und Weiterbildungen“ durch den Kunden sowie vertraglich vereinbarte „Kontrollmechanismen“ vor. Diese können in eigenen Kontrollen des Kunden, in Audits durch Dritte oder in Zertifizierungen bestehen.
  • Durch einen Hinweis in dem vom LkSG vorgeschriebenen hauseigenen Beschwerdeverfahren können Unternehmen auch ins Visier von Kontrollen und Maßnahmen eines „indirekten“ Kunden geraten, d. h. eines Kunden eigener Kunden.
  • Für Verfahren wegen Verstößen gegen das Lieferkettengesetz ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Es kann dazu Lieferanten vorladen und zur Herausgabe von Geschäftsdokumenten verpflichten (§ 15, 17 LkSG).

Welches Risiko stellen Sie als Zulieferer dar?

Entscheidend aus Lieferanten-Perspektive ist die Frage, welches Lieferketten-Risiko man aus Sicht der eigenen Kunden oder von deren Abnehmern darstellt. Lieferanten und Dienstleister, die ihren Sitz in Deutschland haben, stellen so gesehen zunächst ein eher kleines Risiko dar. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Thema in jedem Fall erledigt hat.

  • Ihr eigenes Lieferkettenrisiko bestimmt, welches Risiko Sie für den Kunden darstellen.
    Wie sehr Sie als Lieferant oder Dienstleister damit rechnen müssen, in den Fokus der Lieferketten-Prüfung zu geraten, hängt von mehreren Faktoren ab. Die Gesetzesbegründung spricht von „länder-, branchen- und warengruppenspezifische Risiken“.
  • Bestimmte Länder sind mit einem höheren Risiko verknüpft als andere. Wer Rohmaterial aus Nigeria nach Deutschland importiert und die verarbeiteten Produkte weiterverkauft, muss mit deutlich mehr Aufmerksamkeit rechnen, als wenn der Zulieferer in den Niederlanden sitzt. Das Risiko steigern auch eigene Niederlassungen im außereuropäischen Ausland, die in die Lieferkette involviert sind.
  • Ihre Branche und die betroffenen Waren spielen ebenfalls eine Rolle: So ist Kinderarbeit in der Landwirtschaft besonders häufig zu finden, unter anderem im Kakao-Anbau. Ein nahrungsmittelverarbeitender Betrieb, der Kakao importiert und verarbeitet, stellt unter diesem Aspekt ein höheres Lieferkettenrisiko für seine Kunden dar als ein Unternehmen, das Halbleiterdioden einführt und verbaut. Dort können allerdings andere Risiken vorliegen, etwa die Unterdrückung von Arbeitnehmerrechten.
  • Wie nahe ist Ihnen der (indirekte) Kunde mit Lieferketten-Sorgfaltspflicht?
    Direkte Lieferbeziehungen bedeuten aus Kundensicht besondere LkSG-Pflichten, wie oben dargestellt. Je weiter der Abstand zum mittelbarem Lieferanten, und je kleiner dessen „Einflussmöglichkeit“ bei Ihnen, desto weniger können ihm Anstrengungen „zur Vermeidung oder Beendigung einer Verletzung“ zugemutet werden. So steht es in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung. Das Risiko sinkt also mit zunehmendem Abstand.
  • Das Geschäftsprofil Ihres Kunden ist ebenfalls entscheidend. Wenn der Kunde selbst in einer eher riskanten Branche tätig ist, etwa weil er Lebensmittel-Rohstoffe oder chemische Produkte aus Entwicklungsländern importiert, wird er das Risikomanagement gemäß LkSG generell ernst nehmen. Unternehmen, die bereits in anderem Zusammenhang im Fokus der Aufsichtsbehörden stehen, werden wohl ebenfalls verstärkt auf eine korrekte Umsetzung achten: das betrifft etwa Betriebe, die von öffentlichen Aufträgen leben, die in einer Branche mit häufigen Arbeitsrechtsverstößen wie dem Bau oder dem Speditionsgewerbe tätig sind, die wie Finanzdienstleister besonders stark reguliert werden oder die wie die Chemie- und Rüstungsindustrie einer kritischen Öffentlichkeit ausgesetzt sind.

Fazit: Die Folgen des Lieferkettengesetzes für Lieferanten und Dienstleister

Zumindest in einem Punkt können sich Lieferanten, für die das Lieferkettengesetz selbst nicht gilt, jedoch entspannt zurücklehnen: Der durchaus empfindliche Bußgeldrahmen – möglich sind bis zu 800.000 Euro, bei Großunternehmen sogar bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes – ist für sie ohne Bedeutung. Bußgelder treffen nur Unternehmen, die vom Gesetz direkt erfasst werden.

Trotzdem: Auch kleinere Unternehmen und selbst Einzelunternehmer müssen sich auf Veränderungen durch das Lieferkettengesetz einstellen. Das gilt besonders, wenn das Gesetz ab Jahresbeginn 2024 auch für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern gilt und damit deutlich größere Kreise zieht.

Wer für betroffene Kunden direkt oder auch indirekt tätig ist, muss sich auf Verhaltensrichtlinien einstellen, die mit neuen Selbstverpflichtungen einhergehen und beispielsweise die eigene Lieferantenauswahl einschränken. Vom Lieferkettengesetz betroffene Kunden werden vielleicht die Abläufe des Lieferanten kontrollieren wollen, oder sie fordern Audits oder Zertifizierungen ein. Zumindest sollte man mit neuen Vertragsklauseln, AGB oder Zusatzvereinbarungen rechnen, die es zu prüfen gilt.

Sinnvoll ist deshalb eine Standortbestimmung: Ist das eigene Unternehmen indirekt vom Lieferkettengesetz betroffen? Wie kann es sich gesetzeskonform aufstellen, etwa durch Gütesiegel, Codizes, Zertifizierungen oder Nachweise? Lässt sich durch das nachweisliche Einhalten der Compliance bei den eigenen Lieferketten vielleicht sogar ein Marktvorteil generieren?

Ausblick: Kommt bald ein EU-weites Lieferkettengesetz?

Die EU-Kommission hat mit der „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ inzwischen Entwürfe für ein EU-weites Lieferkettengesetz vorgelegt. Schon nach dem bekannten Stand fällt es deutlich strikter aus als das LkSG. Dazu kommen Pläne, auch Klimaschutzpflichten in der Wertschöpfungskette festzuschreiben.

 

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